Graduiertenkolleg 1194 "Selbstorganisierende Sensor-Aktor-Netzwerke"

Forschungsgebiete

Das Forschungsprofil des Graduiertenkollegs

Verteilte Netzwerke, bestehend aus hunderten, möglicherweise tausenden von miniaturisierten und autonomen Sensor-Aktor-Systemen werden die Beobachtung und Regelung verteilter Phänomene revolutionieren. Typische Anwendungen sind die Beobachtung großer geographischer Gebiete, intelligente Gebäude, mikroskopisch kleine Sensoren und Aktoren im oder am menschlichen Körper und Sensoren zur Überwachung von Geräten und Maschinen. Im Gegensatz zur Verwendung einiger weniger makrokopische Sensoren wird zum einen eine weitaus höhere Auflösung erzielt. Zum anderen kann durch die große Anzahl von Systemen auch bei einer geringen Zuverlässigkeit und Verfügbarkeit der individuellen Sensor-Aktor-Systeme die notwendige Toleranz gegenüber Fehlern und Ausfällen erreicht werden.

Zur Verdeutlichung wird die Schadstoffanalyse in einem Fließgewässer mit Hilfe eines Sensor-Aktor-Netzwerks betrachtet, Abbildung. Dabei ist die Verwendung eines heterogenen Netzwerks sinnvoll, wobei die Mehrzahl der Sensor-Aktor-Knoten nur über geringe Rechenressourcen verfügt und nur über kurze Reichweiten mit geringer Bandbreite zu ihren nächsten Nachbarn kommunizieren kann. Zusätzlich enthält das Netzwerk einige wenige komplexe Knoten, welche mit einem globalen Positionierungssystem und einer weitreichenden Kommunikationseinrichtung ausgestattet sind. Dieses Beispiel demonstriert einige der wesentlichen Herausforderungen bei der Entwicklung eines Sensor-Aktor-Netzwerks. Dies beginnt mit der Ausbringung der einzelnen Knoten mit dem Ziel einer ausreichenden Abdeckung und Erfassung des interessierenden Phänomens, in diesem Fall des Schadstoffprofils. Offensichtlich ist ein solches Netzwerk durch den Strömungseinfluss starken Änderungen in der Topologie unterworfen, was spezielle Routingmechanismen für die Multi-Hop Kommunikation, d.h. von Knoten zu Knoten, erfordert. Um die oben erwähnte Abdeckung zu erreichen, werden Aktoren, z.B. Propellerantriebe, verwendet. Weiterhin sind für eine Rekonstruktion der gewünschten kontinuierlichen Schadstoffverteilung aus orts-, zeit- und wertediskretisierten Daten eine Lokalisierung aller Sensor-Aktor-Knoten und geeignete Verfahren zur dezentralen Informationsverarbeitung innerhalb des Netzwerks erforderlich.

 Hardware/Software - Systemintegration
 Neben der Kommunikation und Informationsverarbeitung liegt der dritte Schwerpunkt auf Hardware/Software-Systemintegration basierend auf rekonfigurierbaren Hardwareschaltungen. Diese Form von adaptiver Hardware erlaubt bei geringem Aufwand sehr flexible und gleichzeitig hochperformante Systeme, die zusätzliche positive Eigenschaften wie Energieeffizienz und Ausfallsicherheit bieten. Diesen Eigenschaften kommt bei Sensor-Aktor-Netzwerken eine zentrale Bedeutung zu. Weitere Anforderungen bestehen in Echtzeitfähigkeit und Selbstorganisation. Hierbei müssen insbesondere auch die in Hauptgebiet I - Informationsverarbeitung - generierten Entscheidungsparameter berücksichtigt werden, um situationsbedingt jeweils eine echtzeitfähige Adaption des Hardware/Softwaresystems vornehmen zu können. Wie die beiden anderen Schwerpunkte ist auch der dritte Schwerpunkt in Teilprojekte untergliedert, die darauf abzielen, bisher ungelöste Problemstellungen im Bereich Hardware/Software-Systemintegration für Sensor-Aktor-Netzwerke zu erforschen. Teilprojekt H1 untersucht anwendungsspezifische Hardwarearchitekturen mit dem Ziel der Entwicklung energieautarker Sensor-Aktor-Knoten, wobei ein Schwerpunkt auf der Untersuchung heterogener Knotenarchitekturen liegt. Ein weiterer Schwerpunkt im Teilprojekt H1 liegt auf der Entwicklung von Systemen zur Energiegewinnung und -speicherung. Fragestellungen der Selbstorganisation von verlustleistungsminimierter rekonfigurierbarer Hardware, welche die Knoten im Sensor-Aktor-Netzwerk realisiert, werden im Teilprojekt H2 behandelt. Das Teilprojekt H3 bildet schließlich die Brücke zwischen den Teilprojekten in Kommunikation, Informationsverarbeitung und Hardware/Software-Systemintegration. Hierbei werden Middleware-Architekturen im Hinblick auf Eigenschaften wie Selbstorganisation, Selbstoptimierung, Selbstheilung etc. bei gleichzeitiger Wahrung von Echtzeiteigenschaften erforscht.
 Informationsverarbeitung
 Bei der Informationsverarbeitung in Sensor-Aktor-Netzwerken lassen sich zwei Typen von Aufgaben unterscheiden: Reine Messaufgaben zur kollektiven Beobachtung eines gegebenen Phänomens, beispielsweise die Messung einer Temperaturverteilung, und Aufgaben zur kollektiven aktorischen Beeinflussung, beispielsweise die Regelung eines Gärtanks auf eine vorgegebene Temperaturverteilung.

Aus dem im Teilprojekt K4 erstellten Anfrageplan wird die Messaufgabe über die selbstorganisierende Middleware aus Teilprojekt H3 und der inhaltsbezogenen Adressierung und Weiterleitung aus dem Teilprojekt K3 an die einzelnen Sensor-Aktor-Knoten verteilt. Diese messen die angefragten Daten, wobei wegen der großen Knotenanzahl ein extrem hohes Datenaufkommen entsteht, welches nur kurzzeitig verteilt im Netzwerk gespeichert werden kann und gemäß den Betrachtungen zur Kommunikationskapazität im Teilprojekt K1 in der Regel nicht durch das Netz transportiert werden kann. Es muss also ein „In-Network-Processing“ vorgenommen werden, um die Datenfülle durch Filterung und Kompression zu reduzieren. Im Teilprojekt I3 sollen Verfahren gefunden werden, die beim „In-Network-Processing“ eine optimale Lastverteilung zwischen Kommunikation und Informationsverarbeitung gewährleisten, um die zur Verfügung stehende (limitierte) Energiemenge möglichst gut zu nutzen. Dabei ist eine enge Zusammenarbeit mit dem Teilprojekt K1 erforderlich.

Die Bereitstellung der Informationen, auf deren Verarbeitung sich das „In-Network-Processing“ stützt, stellt die zentrale Aufgabe der verteilten Sensorik des Sensor-Aktor-Netzwerks dar. Hierbei erforderliche Messaufgaben bedürfen in der Regel eines Großteils der vorhandenen, limitierten Energieressourcen. Um eine lange Lebensdauer des Netzwerks zu gewährleisten, ist neben dem Abwägen zwischen Kommunikation und Informationsverarbeitung, auch der gezielte Einsatz der Sensorik vonnöten. Teilprojekt I4 behandelt aus diesem Grund die Einsatzplanung der Sensoren zur Reduktion des Energiebedarfs. Mit einer optimalen Datenakquisition reduziert sich desweitern die Menge der im Netzwerk zu verarbeitenden Daten, welche in Teilprojekt I1 zur Rekonstruktion benötigt werden. Hierbei ist der bloße Informationsgewinn mit den anfallenden Kommunikationskosten in Relation zu setzen, weswegen eine gemeinsame Betrachtung von Einsatzplanung und Routing naheliegend erscheint. Dies schließt eine Zusammenarbeit mit Teilprojekt K3 ein.

Häufig werden Informationen angefragt, die vom Netzwerk nicht direkt gemessen werden können. Dies bezieht sich entweder auf den Typ der Information, d.h. beispielsweise soll aus Schalldruckmessungen auf die Position einer Schallquelle geschlossen werden, oder auf den Ort der Information, d.h. an dem gewünschten Ort befinden sich keine Sensor-Aktor-Knoten. Die erforderlichen Methoden zur Rekonstruktion der gewünschten Information aus den messbaren, aber häufig unsicheren Daten werden im Teilprojekt I1 betrachtet. Dabei sollen modellbasierte dezentrale Verfahren mit einer integrierten Betrachtung der Unsicherheiten untersucht und entwickelt werden. Hierfür sind die im Teilprojekt K2 zu entwickelnden Lokalisierungsverfahren erforderlich.

Im Fall der aktorischen Beeinflussung wird eine gegebene Aufgabe wieder inhaltsbezogen an geeignete Sensor-Aktor-Knoten verteilt, welche dann im Rahmen einer Selbstorganisation diese Aufgabe kooperativ durch eine dezentrale Interaktion unter Einhaltung der u.U. harten Echtzeitbedingungen lösen. Dieser Themenkomplex wird im Teilprojekt I2 bearbeitet, wobei hier speziell Schwarmtechniken Verwendung finden, um die hohe Komplexität bei der Interaktion zu bewältigen. Dabei werden die verteilten Modelle aus dem Teilprojekt I1 intensiv genutzt.
 Kommunikation
 Für den erfolgreichen Betrieb von Sensor-Aktor-Netzwerken stellt die Kommunikation einen wichtigen Bereich dar, der inhärent anderen Randbedingungen unterliegt als dies in klassischen Kommunikationsnetzen (Festnetzen sowie Mobilnetzen) der Fall ist. In der Regel dürfte ein großer Teil von Sensor-Aktor-Netzwerken drahtlos verbunden sein, womit die Kommunikation starken Limitierungen durch den Energieverbrauch und durch die verfügbare Kommunikationskapazität unterliegt. Für die Dimensionierung von Sensor-Aktor-Netzwerken und für die Entwicklung von skalierbaren Protokollen sind deshalb Kapazitätsbetrachtungen wesentlich. Diese müssen u.a. im Kontext der Wechselwirkungen von Bandbreite, Energieverbrauch und Kommunikation durchgeführt werden (Teilprojekt K1). Hierbei sind auch enge Wechselwirkungen mit der Informationsverarbeitung (also dem Hauptgebiet I) zu beachten (z.B: „In-Network-Processing“), hier ist die Abwägung zwischen der lokalen Verarbeitung und der Kommunikation besonders zu erwähnen. Im Teilprojekt K1 stehen die grundlegenden Kommunikationsaspekte im Mittelpunkt des Interesses, insbesondere hinsichtlich Kapazität sowie hinsichtlich Protokollen und Architekturen. Dabei werden auch Qualitätsparameter wie beispielsweise Rechtzeitigkeit und Zuverlässigkeit betrachtet. Teilprojekt K2 widmet sich dagegen Fragestellungen hinsichtlich der Topologieausprägung und Lokalisierung; dieser Themenkomplex stellt wegen der schnell möglichen Änderungen durch Mobilität, Energiesparmodi, etc. eine große Herausforderung dar. Bei großen Netzwerken kommt insbesondere der Clusterbildung eine wichtige Rolle zu. Bei Teilprojekt K2 stehen dabei die algorithmischen Aspekte deutlich im Vordergrund, woraus sich eine enge Interaktion zwischen K1 und K2 entwickeln soll. Aber auch zwischen K2 und dem Gebiet H werden hinsichtlich der Reprogrammierung enge Kontakte erwartet. Die beiden Teilprojekte K1 und K2 bilden eine direkte Basis für das übergreifend angelegte Teilprojekt K3. Hier werden anwendungsorientierte Gesichtspunkte wesentlich intensiver berücksichtigt. Ein Beispiel hierfür stellt die inhaltsbasierte Adressierung dar, da nicht erwartet wird, dass Sensor-Aktor-Knoten grundsätzlich über IP-Adressen, sondern vielmehr im Anwendungskontext adressiert werden. Darüber hinaus werden wichtige Aspekte hinsichtlich Robustheit und Privatheit bearbeitet. Hier bestehen sehr enge Wechselwirkungen zu den Gebieten I und H. Basierend auf den Erkenntnissen aus dem Teilprojekt K3 soll im Teilprojekt K4 nun untersucht werden, wie deklarative Anfragen in Sensor-Aktor-Netzwerken verarbeitet werden. Dabei besteht auch eine enge Verbindung zu K2, da die Erstellung des Anfrageplans auf Aussagen zur Topologie des Sensor-Aktor-Netzwerks aufbaut. Weiterhin bestehen enge Bezüge zur Informationsverarbeitung, insbesondere zu den Teilprojekten I1, I2.