Research Training Group 1194 "Self-organizing Sensor-Actuator-Networks"

I1.2: Dezentrale Rekonstruktion verteilter kontinuierlicher Phänomene aus orts- und zeitdiskreten Messungen

Motivation

 

Eine der wichtigsten Anwendungen von Sensor-Aktor-Netzwerken ist die Rekonstruktion von kontinuierlichen physikalischen Phänomenen aus orts- und zeitdiskreten Messungen, die mit Hilfe in der Umwelt verteilter, miniaturisierter Sensorknoten gewonnen werden. Ein Beispiel dafür ist die automatische Generierung von Karten für die Schadstoffverteilung im Grundwasser auf der Basis der Daten weniger und selten abgefragter Messstellen. Sowohl für statische als auch für dynamische Phänomene ist für die Lösung dieses Interpolationsproblems die Verwendung von geeigneten Modellen sinnvoll. Es ergeben sich für dieses Teilprojekt die folgenden Fragestellungen:

Physikalische Modelle und Rekonstruktion. In praktischen Anwendungen sind typischerweise grobe physikalische Modelle für das statische und dynamische Verhalten der betrachteten Phänomene in Form von partiellen Differentialgleichungen verfügbar. Dieses Modellwissen sollte im Rahmen der Rekonstruktion auch unbedingt genutzt werden. Zu diesem Zweck werden stochastische Schätzverfahren verwendet, welche die Modelle sowohl für die zeitliche Fortschreibung des Systemzustands als auch für die systematische Fusion mit gegebenen Messungen nutzen. Für den Entwurf dieser Schätzverfahren wird typischerweise eine Konversion der zeitkontinuierlichen, verteilt-parametrischen Beschreibung des Phänomens durch partielle Differentialgleichungen in eine zeitdiskrete, konzentriert-parametrische Form vorgenommen.

Automatische Identifikation. Eine detaillierte Modellbildung ist nun aber häufig aus Komplexitätsgründen oder wegen der vorliegenden Inhomogenitäten nicht möglich, so dass das Modell an die Gegebenheiten angepasst werden muss. Diese Identifikation kann im einfachsten Fall aus einer Anpassung der Modellparameter bestehen. Im Allgemeinen muss allerdings zusätzlich eine strukturelle Adaption durchgeführt werden.

Dezentrale Rekonstruktion. Um die Skalierbarkeit der Verfahren zur Rekonstruktion des Phänomens zu gewährleisten, sollten diese dezentral auf den einzelnen Sensorknoten erfolgen. Damit müssen die einzelnen Sensorknoten also über lokale Modelle des Phänomens verfügen, eine lokale Fortschreibung des Systemzustands durchführen und Messungen lokal fusionieren, wobei nur eine begrenzte Kommunikation mit den nächsten Nachbarn zulässig ist.

 

Ziele

 

Im Vordergrund steht die Erforschung und Entwicklung von Methoden für die Lösung der drei genannten Fragestellungen unter Berücksichtigung der bei Sensor-Aktor-Netzwerken vorherrschenden Randbedingungen. Dabei liegt das Hauptaugenmerk auf Verfahren, die unter realen Einsatzbedingungen und mit realen Sensordaten eingesetzt werden können sowie die erforderliche Robustheit zeigen. Für die Konversion der in Form von partiellen Differentialgleichungen vorliegenden zeitkontinuierlichen, verteiltparametrischen Systemmodelle sollen neben den Finite-Differenzen- und Finite-Elemente-Methoden verstärkt elementfreie Methoden eingesetzt werden. Diese Verfahren erlauben eine leichtere Adaption der örtlichen Auflösung und somit der Genauigkeit der Modellbeschreibung an die vorherrschenden lokalen Gegebenheiten. Außerdem sollen nichtlineare partielle Differentialgleichungen zur Modellierung physikalischer Gegebenheiten betrachtet werden. Zur automatischen Identifikation von Modellen sollen zunächst einmal die in der laufenden Förderphase entstandenen Verfahren für die simultane Identifikation der Parameter der physikalischen Modelle weiter ausgebaut werden. Außerdem soll die physikalische Modellierung mit modellfreien Identifikationsverfahren aus dem Bereich des maschinellen Lernens kombiniert werden. Dabei steht eine einheitliche resultierende Modellstruktur im Vordergrund, d. h. beide Ansätze sollen die gleiche Modellrepräsentation liefern. Außerdem soll auch der häufig interessante Spezialfall der Identifikation von Modellen ohne eine explizite vollständige Rekonstruktion des Phänomens betrachtet werden. Für die dezentrale Rekonstruktion werden zwei Ansätze simultan verfolgt, die sich gegenseitig ergänzen. Zum einen wird eine Zerlegung des betrachteten Lösungsgebiets in Teilgebiete betrachtet, die jeweils von einem Sensorknoten bearbeitet werden. Die Lösungen in diesen Gebieten werden dann separat unter Berücksichtigung der Randbedingungen ermittelt. Zum anderen wird eine stochastische Dekomposition des Zustandsvektors vorgenommen, welcher das System beschreibt, um den Speicher- und Kommunikationsaufwand drastisch zu reduzieren. Die dabei vernachlässigten Abhängigkeiten werden temporär im Laufe der Verarbeitung konservativ abgeschätzt, um eine konsistente Verarbeitung zu ermöglichen.